Bauernhausmuseum Hof Haina

Bauernhausmuseum Hof Haina Private Sammlung von Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen aus dem bäuerlichen Leben Jeder Besuch ist nur im Rahmen einer Führung möglich.

Bitte melden Sie sich daher vor Ihrem Besuch per Telefon oder E-Mail [email protected] an.

Am Sonntag ist Tag des offenen Denkmals. Wir haben von 11-17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. In der Scheune stellt das...
08/09/2023

Am Sonntag ist Tag des offenen Denkmals. Wir haben von 11-17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. In der Scheune stellt das Archäologiemuseum Keltenkeller die neuesten Funde vom Dünsberg vor. Wir bieten Kaffee, Kuchen und Kaltgetränke an, die Ihr im Hof oder im Garten verzehren könnt. Wir freuen uns auf Euren Besuch.

Wir freuen uns auf Euren Besuch
11/05/2023

Wir freuen uns auf Euren Besuch

Gestern war ich bei Hallo Hessen eingeladen und habe etwas über Spinnstuben, Fas(t)nachtsbräuche und sprichwörtliche Red...
07/02/2023

Gestern war ich bei Hallo Hessen eingeladen und habe etwas über Spinnstuben, Fas(t)nachtsbräuche und sprichwörtliche Redensarten erzählt. Vielen Dank an den HR, der auch kleinen Museen und Vereinen die Gelegenheit gibt, sich vorzustellen.






Morgen ist Tag des offenen Denkmals. Eine gute Gelegenheit, Kulturdenkmäler kennenzulernen. Parkmöglichkeiten in Hof Hai...
10/09/2022

Morgen ist Tag des offenen Denkmals. Eine gute Gelegenheit, Kulturdenkmäler kennenzulernen.
Parkmöglichkeiten in Hof Haina sind begrenzt. Bitte parkt, bevor Ihr in den Weiler hineinfahrt.

Diese Woche waren die Ü80 aus Gießen bei uns und haben es sich bei Hausmannskost gutgehen lassen. Ihre Maxime: keine Ges...
10/09/2022

Diese Woche waren die Ü80 aus Gießen bei uns und haben es sich bei Hausmannskost gutgehen lassen. Ihre Maxime: keine Gespräche über Krankheiten und Politik. Kommt gerne wieder😀

08/09/2022
Gerne teilen wir diesen Beitrag des Gewerbevereins Biebertal, der uns am vergangenen Sonntag besucht hat.
29/06/2022

Gerne teilen wir diesen Beitrag des Gewerbevereins Biebertal, der uns am vergangenen Sonntag besucht hat.

Ein spannender historischer und sprachwissenschaftlicher Beitrag.
22/06/2022

Ein spannender historischer und sprachwissenschaftlicher Beitrag.

"Falsche Freunde" - Mittelalterliche Wörter mit Verwechslungsgefahr.

Heute: "Das Gewand? Die Gewand!"


Als „Falsche Freunde“ bezeichnet man in der Sprachwissenschaft Wörter in verschiedenen Sprachen, die zwar ähnlich klingen, aber sehr verschiedene Bedeutungen haben.
Für jene, die versuchen, eine Fremdsprache zu sprechen, stellen solche Wörter Fallstricke dar, mit denen man schnell Gefahr läuft, sich zu blamieren, oder das Gegenüber zumindest gründlich zu verwirren.

„Gift“ bedeutet auf englisch nicht wirklich das gleiche, wie auf deutsch.
„Actual“ ist nicht die englische Übersetzung von „aktuell“.
Und „become“ bedeutet nicht „bekommen“.

Aber nicht bloß zwischen verschiedenen Sprachen gibt es solche „falschen Freunde“.
Auch innerhalb einer Sprache können Worte ihre Bedeutung nicht unerheblich ändern, was bei der Beschäftigung mit historischen Texten die nicht unerhebliche Gefahr birgt, ein Wort, dessen Bedeutung man zu kennen glaubt, komplett falsch zu interpretieren.


"Gewand".

Heute versteht man unter dem Wort Gewand einen altertümlichen Begriff für Kleidungsstücke.

Die ursprüngliche mittelalterliche Bedeutung dieses Begriffes meint aber etwas völlig anderes.

Das mittelhochdeutsche Wort "Gewand", das sich vom althochdeutschen "Giwant" ableitet, ist mit dem Wort "Wenden" verwandt.

Eine Gewand im mittelalterlichen Sprachgebrauch ursprünglich kein Kleidungsstück, sondern eine Stoffbahn, die schon damals, genau wie heute, meist zuerst auf die Hälfte ihrer Breite gefaltet wurde, bevor man sie zu einem Ballen rollte.

Diese Bedeutung von Gewand hat sich bis heute im Wort "Leinwand" erhalten.


Dementsprechend sind auch "Gewandschneider*innen" entgegen dem, was man im ersten Moment glauben würde, keine Handwerker*innen, die Kleidungsstücke schneidern.

Stattdessen handelt es sich um Tuchhändler*innen, die im Gegensatz zu den Großkaufleuten ihr Tuch nicht nur Ballenweise verkaufen, sondern bei denen sich die Kund*innen eine bestimmte Länge Stoff vom Ballen abschneiden lassen und diese dann einzeln kaufen können.


Ab dem 13ten Jahrhundert beginnt das Wort "Gewand" auch immer häufiger für Kleidungsstücke verwendet zu werden und damit seine heute vertraute Bedeutung anzunehmen.

Daneben bleibt die Bedeutung als "Stofbahn" aber noch lange parallel erhalten, weshalb man beim Lesen spätmittelalterlicher Schriftquellen sehr darauf achten muss, in welcher Bedeutung das Wort gerade verwendet wird.

Sonst ergeben sich leicht Missverständnisse, wie etwa bei den schon erwähnten Gewandschneider*innen.


Zum Weiterlesen:

Vorkommen des Begriffes "Gewand" in spätmittelalterlichen Rechtstexten:
https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=gewand

Hallo Hessen am 21.6.22„Die große Wäsche“
21/06/2022

Hallo Hessen am 21.6.22
„Die große Wäsche“

Hallo Hessen am 21.6.22
21/06/2022

Hallo Hessen am 21.6.22

19/04/2022

Am 15. Mai 2022 findet zwischen 11 Uhr und 17 Uhr unser Blumenmarkt statt. Zeitgleich werden im Museum und im Aussenbereich Vorführungen gemacht. In der Scheune könnt Ihr Kuchen, Suppe sowie kalte und warme Getränke kaufen. Wir freuen uns auf Euch!
Bauernhausmuseum Hof Haina, 35444 Biebertal.

Gestern hatten wir unseren Frühjahrsputz. Dank ehrenamtlicher Helfer konnten wir bereits das ganze Haus putzen und freue...
02/04/2022

Gestern hatten wir unseren Frühjahrsputz. Dank ehrenamtlicher Helfer konnten wir bereits das ganze Haus putzen und freuen uns nun auf Besucher und den Internationalen Museumstag am 15.5.22. Näheres unter www.hof-haina.de .de

24/12/2021

Vielen Dank an das Team von Zimmerei Michael Appel für die Renovierung unseres Scheunengiebels😀
08/11/2021

Vielen Dank an das Team von Zimmerei Michael Appel für die Renovierung unseres Scheunengiebels😀

Vielen Dank an das Oberhessische Museum für den Besuch und den konstruktiven Austausch.
19/10/2021

Vielen Dank an das Oberhessische Museum für den Besuch und den konstruktiven Austausch.

Heute haben die Azubis von Neils&Kraft einen ungewöhnlichen Fahrzeugservice gemacht: Vielen Dank an die netten Helfer, d...
05/10/2021

Heute haben die Azubis von Neils&Kraft einen ungewöhnlichen Fahrzeugservice gemacht: Vielen Dank an die netten Helfer, die unseren Heuwagen umrangiert haben. 😀

Besuch im Hessenpark. Heute wird u.a. das Brotbacken und das Dreschen vorgeführt. Eine tolle Gelegenheit, um mehr über d...
02/10/2021

Besuch im Hessenpark. Heute wird u.a. das Brotbacken und das Dreschen vorgeführt.
Eine tolle Gelegenheit, um mehr über das Leben von einst zu erfahren. Gleichzeitig wird einem sehr klar, wieviel Arbeit damit früher verbunden war.

Gestern haben wir Gartenarbeit gemacht und das Hoftor repariert. Vielen Dank an die ehrenamtlichen Helfer und die Senior...
22/08/2021

Gestern haben wir Gartenarbeit gemacht und das Hoftor repariert. Vielen Dank an die ehrenamtlichen Helfer und die Seniorenwerkstatt❣️
Ein Besuch in unserem Museum ist auch kurzfristig möglich. Meldet Euch aber bitte über unsere Homepage www.hof-haina.de oder telefonisch an.

Auch die Flurnamen in Hof Haina wie „Auf‘m Kreben“ erinnern an die Schweinemast im Wald. Bei einem Besuch in unserem Bau...
03/08/2021

Auch die Flurnamen in Hof Haina wie „Auf‘m Kreben“ erinnern an die Schweinemast im Wald.
Bei einem Besuch in unserem Bauernhausmuseum erfahrt Ihr, wie man früher bei uns auf dem Land gelebt habt.

Sauschneider und Federschmücker – Verschwundene tierische Berufe

Die Moderne veränderte in Mitteleuropa das Mensch-Tier-Verhältnis fundamental. Die Industrialisierung der Viehzucht sorgte dafür, dass die meisten Menschen mit Nutztieren so gut wie keinen Kontakt mehr haben, während zuvor Schweine, Schafe, Ziegen, Rinder, Pferde, Esel, Kaninchen, Gänse, Enten und Hühner untrennbar zum täglichen Leben gehörten – und das über Jahrtausende.
Neue Agrarmethoden ermöglichten bereits im 19. Jh zuvor nicht nutzbare Böden mit Dünger in Ackerland zu verwandeln. Deswegen ging die Freiweide bereits vor 150 Jahren zurück und konzentrierte sich zunehmend auf Stoppelfelder und Ödland.
Noch vor 50 Jahren hielt die Mehrheit der Menschen auf dem Land Tiere zur Subsistenz. Die Grenzen zwischen bäuerlichem Viehzüchter und Nicht-Bauer verflossen. Wer einen Schweine- oder Kuhstall hatte, galt als Bauer, doch auch die nicht im engen Sinne bäuerlichen Dörfler, hielten auf ihren Grundstücken Schlachtkaninchen, Flugenten, Gänse oder Hühner. Auch dieses ländliche Halten von Nutztieren ging massiv zurück, ehemalige Hühnerställe sind heute Eigentumswohnungen, und aus den Misthäufen wurden Carports.

Schweine – und Gänsehirt

In der industriellen Massentierhaltung von Schweinen ist kein Platz mehr für den Schweinehirten, der die Schweine auf die Waldweide treibt. Von der Antike bis in die Neuzeit hielten die Menschen Schweine hingegen im Freien – wenn das Klima es zuließ das ganze Jahr über.

Schweinhirten im griechisch-römischen Mythos

In Homers Odysee ist der treue Schweinehirte Eumaios ein Freund des Odysseus. Schweinehirten galten damals nicht als anrüchig. Eumaios war immerhin ein Königssohn des Ktesios von Syria. Phönizier verschleppten den kleinen Eumaios als Sklaven, Odysseus Vater kaufte ihn und zog ihn zusammen mit dem Helden und dessen Schwester Ktimene groß. Eumaios diente zuerst Laertes als Schweinehirt und danach Odysseus. Auch in den 20 Jahren der Odyssee blieb er ihm treu ergeben und gab nur gegen Widerwillen die fettesten Schweine an die Verehrer von Penelope ab, die in Odysseus Palast prassten.
Im antiken Rom fand der Schweinehirte Faustulus die Jungen Romulus und Remus, die im Mythos die Stadt gründeten, und zog sie auf. Doch die literarische Figur des Faustulus ist älter, und er soll der oberste Schweinehirte des in Alba Longa residierenden Königs Amulius gewesen sein.

Heutige Waldweide

Heute praktizieren die Andalusier nach wie vor die Waldweide, und die Schweine sorgen so dafür, dass die Korkeichenwälder erhalten bleiben. Es handelt sich um eines der ökologisch wertvollsten Biotope Europas, Lebensraum für den fast ausgestorbenen Spanischen Luchs, Mönchs-, Gänse- und Bartgeier, Stein-, Kaiser-, Zwerg-, Habichts- und Schlangenadler. Das besondere Aroma bekommen spanische Würste und Schinken durch die Eicheln der Korkeichen.

Eicheln und Bucheckern – Das Gold der Dörfer

Die Schweine zogen auch in Deutschland frei unter Aufsicht des Hirten durch die Wälder und Wiesen. Sofern der Wald nicht im Gemeindebesitz war, forderten die Besitzer im Herbst ein Entgelt für die Schweinemast – dann lagen die Eicheln und Bucheckern am Boden.
Im Mittelalter trieben die Hirten die Schweine vor allem in die Mittelwälder. Diese Waldweide hatte eine enorme ökonmoische Bedeutung. Gegen 1600 wurden allein im Solling bis zu 15.000 Schweine auf diese Art gemästet, im 60 qkm großen Lushardwald bei Bruchsal um die 20.000, in Wolfenbüttel und Calenberg 1598 circa 30.000. Der Wert von Wäldern berechnete sich weniger nach den Holzvorräten als nach der Anzahl der Schweine, die hinein getrieben wurden.

Die Korkeichenwälder Südspaniens zeigen noch heute, wie die Schweinemast den Wald veränderte. An die Stelle dichten Unterholzes trat eine parkähnliche Landschaft mit alten Eichen und Buchen aber weitgehend offenem Boden.
Im 19. Jh wurden die Schweine zunehmend eingestallt, da moderne Verfahren des Ackerbaus höhere Erträge brachten und auch zuvor kaum nutzbare Wälder jetzt der Abholzung zum Opfer fielen. Im 20. Jh kamen fast nur noch Muttersauen und Zuchteber aus Schweinekoppeln im Freiland.
Die Gemeinden stellten Dorf- bzw. Stadthirten ein. Ihre Kennzeichen waren Horn, Hütehund und Peitsche. Diese hüteten das Vieh der Bauern und Bürger während der Weidesaison – nicht nur Schweine, sondern auch Pferde, Rinder und Schafe. Das Horn verkündete seinen Schutzbefohlenen: „Es geht los.“ In Deutschland waren solche von den Gemeinden angestellten Sauhirten noch zwischen den Weltkriegen verbreitet. Der Sauhirte bekam entweder einen Lohn, oder zusätzlich, bzw. an der Stelle des Geldes, ein eigenes Stück Land.

Stoppelfelder und Peitschwettbewerbe

In der Neuzeit kamen die Schweine weniger in die Wälder, diese waren jetzt zum Großteil abgeholzt, sondern auf Ödland in der Nähe des Dorfes und im Spätsommer wie Herbst auf die Stoppelfelder. Im Vergleich zur industrialisierten Schweinehaltung war diese Weide artgerecht: Die Tiere fraßen Würmer und wilde Kräuter, sie suhlten sich und wühlten in der Erde nach Nahrung.

Der Swän, wie der Schweinehirte in Niedersachsen hieß, sorgte mit dem Schweinetrieb auf die Stoppelfelder dazu, dass die Bauern das Ackerland komplett verwerten konnten. Beim Schlachten bekam er eine besondere Wurst, die „Swänswurst“. Die Swäns vertrieben sich die Zeit mit Peitschenknallen, ab und zu gab es dazu Peitschenwettbewerbe, die einen festen Platz in den Dorffesten einnahmen.

Ein unehrlicher Beruf

So wichtig der Schweinehirte war, so schlecht war seine soziale Stellung. Wie andere, deren Tätigkeit mit Töten und Abhäuten zu tun hatte, galt er als unehrlich und rückte in die Nähe des Abdeckers. Bisweilen waren Abdecker, Schweinehirte und Sauschneider sogar die gleiche Person. Hinzu kam, dass er bei jedem Wetter draußen sein musste und deswegen fast immer beim Gottesdienst fehlte. Trotz seiner Unehrlichkeit genoss er bisweilen hohes Ansehen, denn er ersetzte den Tierarzt.
In Bremen erinnert ein Bronzedenkmal mit einem Schweinehirten, seinem Hund und seiner Schweinerotte seit 1974 an diesen alten Beruf und weist auf die Herkunft der Sögestraße in der Fußgängerzone hin. Soghestrate bedeutet im Plattdeutsch Sauenstraße und verweist darauf, dass hier früher Schweineställe standen, von denen aus die Schweinehirten die Tiere durch das Herdentor vor die Stadtmauer auf die Bürgerweide treiben – eine Allmendefläche.

Die Gänsemagd

Kein Beruf im engen Sinne waren die Gänsehirten- oder Gänsemägde, von denen die Gebrüder Grimm im Märchen „Die Gänsemagd“ berichten. Die Gemeinden brauchten jemand, der mit den Gänsen auf die Wiesen zog und darauf achtete, dass kein Fuchs sie holte und die Tiere sich nicht selbstständig machten. Es handelte sich um eine typische Tätigkeit für Jungen und Mädchen aus dem Dorf, seltener für Erwachsene. Nac h der Ernte trieben sie die Gänse auch über die Stoppelfelder, und daher rührt der Begriff „Stoppelgänse.“
Sauschneider – Die Nonnenmacher

Der Sau- und Schweinschneider war oft die gleiche Person wie der Schweinehirte. Ihm oblag das Kastrieren der Tiere - wie der Gemeindehirte auch Schafe, Ziegen oder Rinder betreute, so machten viele Sauschneider auch Eber, Hengste oder Stiere unfruchtbar.

Eber wurden kastriert, weil die Hormone unkastrierter Eber einen intensiven Geruch und Geschmack auslösen, der an Urin erinnert. Bei den Schweinen kastrierten die Schneider aber auch die Sauen. In Zeiten der Waldweide war dies dringend geboten, damit keine Wildkeiler die Sauen deckten. Kastrierte Schweine setzen zudem schneller Fett an.
Kastrierte Sauen hießen Nonnen, und die Kastrierer trugen deshalb den Namen Nonnenmacher. Dies kommt aber nicht von der Nonne als gläubiger Christin, sondern vom mitteldeutschen Verb nunnen, was kastrieren und vom mitteldeutschen Hauptwort nunne, das kastriertes Schwein bedeutet.
Sauschneider und Knecht zogen von Dorf zu Dorf und priesen auf dem Kirchplatz ihre Dienste an. Manche Kastrierer nahmen pro Jahr 3000 Tieren die Fruchtbarkeit. Jeder Schweinschneider durfte nur in einem bestimmten Gebiet tätig sein, das meist vererbt wurde.

Die Arbeit führte zu Wohlstand. Bedarf bestand immer, und das Honorar glich die Nachteile aus. Ein Sauschneider fehlte außér der Haupterntezeit auf dem Hof, den Rest des Jahres erledigten Kinder und Frau die gesamte Hofarbeit.
Der studierte Tierarzt verdrängte den Sauschneider, zudem entsprach das alte Handwerk nicht den modernen Tierschutzgesetzen. Vor allem aber entfielen im 20. Jh die beiden Hauptgründe für die Arbeit: Die industrielle Tierhaltung verhinderte Paarungen zwischen Keilern und Haussauen, und die Nachfrage nach fettarmen Fleisch brachte das Fett der Kastraten vom Markt.

Erdjäger – Maulwurfs- und Hamsterfänger

Noch vor wenigen Jahrzehnten gingen in Deutschland professionelle „Erdjäger“ ihrem Gewerbe nach. Sie fingen Maulwürfe, Wühlmäuse und Feldhamster. Maulwurfsfänger und Hamsterjäger machten neben ihrer Prämie für jedes getötete Tier Profit mit dem Verkauf der Felle. Maulwurfsfell war begehrt, da es keinen Strich aufweist und sich so besonders für Jackenkragen eignete.
Die Erdhaufen, die der Maulwurf aufwirft, störten beim Mähen, stumpften die Sense ab und verschmutzten das gemähte Gras, das als Grünfutter für das Vieh oder im Winter als Heu diente. Auch beim Gemüseanbau störten die schwarzen Kleinsäuger.

Prämie und Fellverkauf

Maulwurfsfänger gab es in ganz Deutschland. Meist handelte es sich um einen Nebenberuf. Der Maulwurfsfänger bekam Honorar für jedes erlegte Tier und brachte den Schwanz als Beweis. Die Felle wurden zu Rechtecken geschnitten auf Brettern getrocknet und von Kürschnern verarbeitet. Neben Jackenaufsätzen stellten Schneider daraus Muffe zum Händewärmen her, Hüte für Männer oder Geldbeutel.
Die Hamster grub der Hamsterjäger meist aus ihren Bauen, denn nicht nur der Hamster, auch seine Vorräte galt es zu sichern. Als der Hamster vom Aussterben bedroht war, schlugen vielen Bauern ihn weiterhin tot, denn eine Bauernweisheit lautet: „Der Hamster frisst das Korn, der Bauer braucht das Geld.“Das gehamsterte Getreide diente als Futter für Geflügel und Schweine, und sogar der Hamster selbst landete oft im Schweinetrog.

Vergiften, Ertränken, Vergasen

Die Erdjäger nutzte viele Methoden, um die Hamster zu erlegen: Sie vergifteten die Tiere, sie leiteten Wasser in die Gänge und fingen den Hamster, wenn er aus dem Loch kam, und sie stellten Holzkastenfallen auf – so erfahren wir aus Chroniken des 18. jh. Im 20. Jh verbreiteten sich Totschlagfallen, der Verkauf von Hamsterfellen war inzwischen ein einträgliches Gewerbe.

Im frühen 20. Jh kamen Hamsterfelle in Mode als Innenfutter von Mänteln, und der Bedarf wuchs extrem, denn für einen Mantel mussten fast 100 der Nagetiere sterben. Bis in die jüngste Zeit florierte das Geschäft: Im DDR-Bezirk Leipzig wurden in den 5 Jahren von 1961-1966 64.000 Felle des Hamsters geliefert. Noch 1975 wurden in Westdeutschland Hamster mit Gas getötet.

Vom Ernteschädling zur bedrohten Tierart

Nicht nur die exzessive Jagd, sondern vor allem die moderne Agrartechnik brachte den einst allgegenwärtigen Feldhamster an den Rand der Ausrottung. Das schnelle Bewirtschaften der Felder und das direkte Umbrechen des Bodens nach der Ernte sorgt dafür, dass der Hamster keine Deckung und kein Futter mehr hat und so nicht durch den Winter kommt. Auf den kahlen Feldern fällt er seinen Feinden, den Greifvögeln und Füchsen zum Opfer. Wo auf riesigen Feldern nur noch eine Feldfrucht angebaut und mit gigantischen Maschinen gleichzeitig geerntet wird, bleibt für den Hamster nichts mehr übrig.
Hamster und Maulwurf stehen heute unter Naturschutz. Der Feldhamster war jedoch schon zuvor „kommerziell ausgestorben“, die Jagd auf ihn lohnte sich nicht mehr, da der Aufwand höher war als der Profit durch die verkauften Felle.
Er ist heute eines der seltensten Säugetiere Europas, und in Deutschland gibt es nur noch eine größere zusammenhängende Population zwischen Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Der Ameisler

Der Ameisler oder Amastrager sammelte Ameisenpuppen. Belegt ist dieser Broterwerb aus Österreich, Bayern und Böhmen seit dem 17. Jh. Wer ameislte, so das Verb, sammelte die Puppen der Waldameisen, verkaufte sie als Vogelfutter oder an Apotheken.
Die Anfänge dieser gewerblichen Ameisenpuppensammler liegen im Dunklen. Sicher ist aber, dass sich diese Erwerbstätigkeit mit dem privaten Halten von Singvögeln verbreitete, denn die Vogelhalter waren die Hauptabnehmer.
Bis weit in die Moderne hielten Bürgerliche vor allem einheimische Singvögel. Besonders beliebt waren Stieglitze wegen ihrer Schönheit und Nachtigallen wegen ihrem Gesang, aber auch Rotkehlchen und Erlenzeisige. Viele hielten die häufigen Buchfinken und Gimpel. Finken wie Buchfinken und Stieglitze kommen zwar auch mit reiner Körnerkost zurecht, Rotkehlchen, Zeisige und Nachtigallen sind aber von Natur aus Insektenfresser, die tierische Proteine benötigen.

Täglich loszugehen und Spinnen, Asseln, Grillen oder Fliegen zu fangen und das in den Mengen, die ein Vogel braucht, war nicht jedermanns Sache. Ameisenpuppen hingegen sind indessen erstens dort, wo sie im Ameisenstock liegen, in Massen aufzufinden, und zweitens bewegen sie sich nicht. Sie waren (und sind) also ein ideales Futter für Heimvögel, die Insekten fressen.

Die Armut der Bauern im bayrischen und böhmischen Wald war sprichwörtlich; sie nutzten jede Ressource, und das Ameisln bot eine unerwartete Erwerbsquelle. Im Unterschied zur Jagd auf Hirsche, Rehe oder Wildschweine erhob kein Adliger Anspruch auf die Waldameisen.

Zudem gab es die begehrten roten und schwarzen Waldameisen in der frühen Neuzeit weit häufiger als heute. Der damalige Wald war mitnichten die düstere Wildnis, die die Dichter der Romantik als Symbol etablierten, sondern weit intensiver genutzt als heute. Im ausgehenden 18. Jh lebten und arbeiteten dort Millionen von Menschen. Lichtungen, sprich kahl geschlagene Flächen machten einen Großteil der als Wälder bezeichneten Gebiete aus. Dieser Kahlschlag bot ein Paradies für Waldameisen. Diese lieben Sonne und freie Stellen, wo sie ihre Haufen anlegen können.

1679 erörterte der Frankfurter Stadtphysicus Adam Lonitzer die „Beste Weiß, Omeisen-Eyer zu sammeln“. Diese frühe Erwähnung läd ein, zu spekulieren, dass am Anfang das Ameisenpuppen sammeln für die Medizin stand. Im bereits 1679 erschienenen bedeutenden Kräuterbuch des Frankfurter Stadtphysikus Adam Lonicer ist es „die beste Weiß Omeisen-Eyer zu sammeln“, indem man eine hölzerne Schüssel oder einen Napf in einen Ameisenhaufen stellt und mit Laub bedeckt, worauf die Ameisen ihre Eier dort hineinbringen. Um diese zu erhalten, nehme man das Laub weg und die Ameisen entfliehen ohne die Puppen. Sollten sie aber nicht gehen und die Eier mitnehmen, „so schlage mit einem Rüthlein an den Napff, so fliehen sie bald“

Jedenfalls finden sich Ameisenpuppen bereits in der Medizin des Mittelalters. Hildegard von Bingen empfahl: „Wer an Skrofeln leidet, der streiche Hühnerkot auf ein grünes Eichenblatt, lege Ameiseneier darauf und lege das ganz warm öfters auf die Skrofeln auf und sie werden schwinden. Wer aber zürnt und gedrückt ist, nehme noch junge Ameisen, denen die Eier noch anhängen, gebe sie in einen Beutel und wenn er sich beschwert fühlt, lege er sich denselben so lange aufs Herz, bis er in Schweiß ausbricht und er wird wieder fröhlichen Mutes werden und einen freien Kopf bekommen“
Ameisenpuppen sollten besonders gegen Ohrenschmerzen helfen und waren Bestandteil von Aqua acoustica und Essentia acoustica. Mit Alkohol zu Ameisengeist gemischt, galten die Puppen als Mittel, um die Libido zu steigern und äußerlich gegen Gliederschmerzen.
Die Puppen der Roten Waldameise sollten auch gegen triefende Augen oder fortschreitende Erblindung helfen. Ein Kräuterbuch von 1770 empfiehlt Ameisenpuppen zu Ohrenwasser destilliert gegen Ohrensausen oder Taubheit. Auch Brustmilch stillender Frauen mit Puppen vermengt, galt als Heilmittel, und zwar gegen Schwerhörigkeit in Folge äußerer Gewalt.

Ameisenpuppen als Vogelfutter

Ein Boom für Ameisenpuppen setzte indessen nicht in der Medizin ein, sondern als die Vogelhaltung in der Barockzeit zur Mode wurde unter den Reichen, Schönen und Mächtigen. Georg König aus Solothurn (1664-1736) sah „bald in jedem Haus ein Vögelein…wie Flöten pfeifende Kanari, schwatzende Papageien etc.“
1789 berichtete Philipp Ludwig Röder: „In allen Fenstern hängen schöne Käfige mit Nachtigallen, Kanarienvögeln, Gimpeln, Amseln, Lerchen und anderen Singvögeln“, und im 19. Jh nannte Friedrich Schlögl Finken, Steiglitze und Nachtigallen als Vögel auf den Märkten, 1844 erwähnt ein Hans-Jörgel Vogelfänger mit 200 Nachtigallen.
1785 meldete das Stift Herzogenburg „die auslagen auf Ameißeyer für Nachtigallen“, und vier Jahre später schickte Wolfgang Amadeus Mozart seiner Frau Constanze „Ameiseyer“ zur Kur nach Baden. Die Familie Mozart hielt Singvögel mit Leidenschaft.

Fasanen und Nachtigallen

1775 pries ein anonymer Autor die Ameisenpuppen: „Ihre Puppen oder fälschlich so genannten Eyer, sind das beste Futter für junge Fasane, Nachtigallen und andere Vögel“
Nachtigallen und andere Insekten fressende Singvögel hielten sich Adel und Bürgertum, um sich an ihrem Gesang zu erfreuen, asiatische Fasane dienten als Schmuckvögel in Menagerien, weit häufiger aber waren die Jagdfasane. Diese ursprünglich ab dem Kaukasus ostwärts verbreiteten Vögel überlebten in natürlichen Populationen in Europa kaum, und mussten jährlich gezüchtet werden.

Der Wiener Vogelmarkt, das Zentrum des Puppenhandels
In Österreich waren das Ötschergebiet, Annaberg, Dunkelsteinerwald, Glasweiner Wald, Gutenstein, Hainfeld, Karmabrunner Wald, Michelstetten, Ottenschlag und Pulkau als Sammelregionen belegt. Nachweise gibt es auch für das Gebiet zwischen Böhmen und Bayern, Tirol und die Oberpfalz.
In der Gegend um Hainfeld organisierten sich die „Amastrager“ gar bis 1848 in einer eigenen Zunft und hatten einen Stammtisch im „Baderschen Gasthof“. Seit 1820 tielte dort ein Blechschild mit:
„Wir ‚Amastrager‘ sind weit und breit bekannt als arbeitsame brave Leut’, Wir werden von jedermann hoch geehrt, denn unser Gewerb’ ist schätzenswert, Und wollen wir einen guten Braten, einen guten Wein, So kehren wir bei unserer Frau Wirthin ein.“

Die Ameisler sahen sich selbst also keinesfalls als soziale Underdogs, sondern prahlten mit ihrem Job. Auf dem Schild stand auch: „Er: Geh’, sag’ mir, Mirzl, weg’n was sich die Leut’ so spassen Und uns allweil die Amastrager hoaßen? Sie: Na, weil wir uns halt Tag und Nacht plag’n Und unsere Sachen am Buckel umatrag’n.“

Der Steirische Dichter Peter Rosegger schrieb 1886: „Da kannst du im Walde einem sonderbaren Mann begegnen. Seinem zerfahrenen Gewand nach könnte es ein Bettelmann sein, er trägt auch einen großen Sack auf dem Rücken; aber über diesem Bündel und an all‘ seinen Gliedern (…) laufen in aller Hast zahllose Ameisen auf und nieder, hin und her.“

Ameisler und Vogelhändler

1892 gibt eine Niederschrift aus Leipzig Aufschluss, welchen Gewinn Ameislen abwarf:
„Der Ameisler ist eine Charakterfigur im Gebirge. Er durchstreift die Wälder, in denen die schwarze Ameise Abfälle von Nadelholz und Pflanzenteilen in solchen Mengen zusammenträgt, dass diese Haufen eine Höhe mitunter von einem Meter erreichen (…) seine feine Ausbeute ist in manchen Sommern so beträchtlich, dass die Händler aus Wien sie ihm mit 200 Gulden bezahlen.“
Die Ameisler in Österreich arbeiteten gegen 1800 auf Bestellung, und der ehemalige Nebenjob wurde zum Hauptberuf. Sie hatten feste Verträge mit Wiener Vogelhändlern und trafen sich mit ihnen ein- oder zweimal pro Jahr.
Die Böhmer Ameisler brachten ihre Beute nach München. „Seit aber der Vogelhandel in Wien sich gehoben hat, sind Einheimische auf den Vortheil dieses Geschäftes aufmerksam geworden und haben es nun ausschließlich in der Hand… Ist die Witterung günstig, kann die Ernte jede zweite oder dritte Woche erneuert werden, und bis zum Herbst fehlt dem Ameisler wenig auf 20 Metzen, für die er auf einen Betrag von 150 bis 500 fl. rechnen kann“, schrieb Becker 1859.

Sieben und trocknen

Die Ameisler siebten zuerst Ameisenhügel Schicht für Schicht durch, wobei Ameisen und Puppen auf ein Tuch fielen. Als Schutz vor der Ameisensäure hatten sie sich mit einer Essenz aus Holunderblüten eingerieben. In die Ecken legten sie Reisig, die Tuchecken banden sie hoch, damit die Ameisen nicht fliehen konnten. Die Tiere schleppten ihre Puppen jetzt in den Reisig, die Ameisler entfernten die Ameisen und am Ende die Zweige, bis nur noch Puppen übrig waren. Die Puppen trugen sie dann in einem Sack nach Hause und trockneten sie in einem Ofen, um sie haltbar zu machen.
Am besten lief das Sammeln bei heißem Wetter, denn dann brachten die Ameisen die Puppen in den obersten Teil des Haufens. War es warm, konnten die Ameisler alle zwei Wochen neue Puppen sammeln.
Um den Ameisenhaufen zu öffnen, gab es einen speziellen Stock, zum Wegfegen der Ameisen diente eine spezielle Fahne, die an einer Holzstange hing. Das Tuch räumten die Ameisler mit Lederhandschuhen ab.
Im 20. Jh gab es immer weniger Ameisler. Zum einen sammelten Vogelliebhaber selbst, zum anderen verschärfte sich zuerst das Forstrecht, und ab den 1960er Jahren das Naturschutzrecht.
Waldameisen sind in Deutschland „besonders geschützt“. Sie dürfen weder der Natur entnommen noch getötet werden, und das gilt auch für ihre Puppen. Die Nester dürfen nicht einmal verändert werden. Die Puppen zu vermarkten ist streng verboten. Das heutige Futter für Insekten fressende Heimvögel kommt vor allem aus Futtertierzuchten und umfasst neben Mehlkäferlarven (Mehlwürmern), Buffalowürmer, Heimchen, Wachsmottenlarven

Vogelfänger und Federschmücker
1. Herr Heinrich saß am Vogelherd,
Recht froh und wohlgemut;
Aus tausend Perlen blinkt und blitzt
Der Morgenröte Glut.
2. In Wies und Feld, in Wald und Au,
Horch, welch ein süßer Schall!
Der Lerche Sang, der Wachtel Schlag,
Die süße Nachtigall!
„Heinrich der Vogler“ von Johann Nepumuk Vogt (1802-1866) setzte dem Vogelfänger ein literarisches Denkmal. Die Ameisler versorgten den Vogelmarkt mit Futter, und die Vogelfänger lieferten Vögel. Daran bestand von der Antike bis in die Neuzeit eine rege Nachfrage. Gerade die wegen ihres Gesangs beliebten Arten wie Nachtigallen oder Lerchen ließen sich in der Tierhaltung der Vergangenheit kaum oder gar nicht züchten. Es bedurfte also eines ständigen Nachschubs, um die Reihen der Verstorbenen aufzufüllen. Außerdem dienten Singvögel in großen Massen als Speise.
Jagd für den Kochtopf
Die Jagd für den Kochtopf war ein einträgliches Geschäft – über Jahrhunderte. Besonders Lerchen, Ammern und Drosseln galten in Deutschland als Delikatesse. In Leipzig gab es dutzende Rezepte für Gerichte mit Lerchen, und eine Chronik von 1720 meldet für dieses Jahr 400.000 verkaufte Lerchen den den Stadttoren von Leipzig. Das sind 20 % des heutigen Bestandes der Feldlerche in ganz Deutschland. 1876 verbot König Albert I die Lerchenjad auf Druck der frühen Tierschutzvereine.
Die Menschen im Süden der Pfalz jagten im Winter die Bergfinken, die auf dem Zug aus Skandinavien kamen. Bergfinken drängen sich in Nadelbäumen eng aneinander. Die Pfälzer nutzten extra Blasrohre. Aus diesen schossen sie Tonkugeln auf die Finken. Fielen tote Vögel auf den Boden, setzten sich andere auf ihren Platz.
Das Verspeisen von Singvögeln, in den Mittelmeerländern in der Kritik von Naturschützern, war Allgemeingut. Leimruten hielten Finken, Drosseln und Zeisige im Vogelherd fest, sie gingen auf den Leim, wie das Sprichwort sagt. Der Vogelfang mit Leimruten ist bereits aus dem antiken Rom überliefert; Nachtigallenzungen gehörten zum Festmahl der Patrizier. Die Klemmfalle löste zwei Federn aus und klemmte die Beine des Vogels ein. Schlingen, Schliefen, Schnaid oder Baumgericht genannt, hängten den Vogel auf. Am Vogelherd saß der Fänger im Versteck und warf Schlagnetze über Vögel, die er durch Ködervögel oder Futter gelockt hatte.
Ortsnamen wie Vogelsberg verweisen auf diese Tradition. Walther von der Vogelweide (1170-1230), der wichtigste Dichter des Mittelalters, erhielt seinen Namen nach einer solchen Fangstätte. Ob Heinrich I., dem Vogler (876-936), König der Ostfranken, der Vogelfang wirklich so bedeutend war wie in der Literatur, sei dahingestellt: „Der Staub wallt auf, der Hufschlag dröhnt, Es naht der Waffen Klang; Daß Gott! die Herrn verderben mir den ganzen Vogelfang!“ Heinrich I. war niemals Kaiser wie in der Ballade, der Vogelherd in Quedlinburg, wo Heinrich in der Legende von seiner Krönung erfährt, ist heute eine Touristenattraktion.
Der Kaviar unter den Singvögeln war der Krammetsvogel, die Wacholderdrossel. Adlige wie Bauern schwärmten vom bitterwürzigen Fleisch. Das erhielt seinen Geschmack durch die Wacholderbeeren und Weintrauben, von denen die Drosseln sich ernähren. Noch Heinrich Heine genoss die Vögel mit Wacholderbeeeren. Die Jagd auf Kleinvögel war eine Möglichkeit für die einfachen Leute, sich Fleisch zu beschaffen - die Jagd auf Hirsche war Vorrecht der Adligen. Die Köche am Kasseler Hof bereiteten im 16. Jahrhundert jährlich tausende von Wacholderdrosseln zu.
Graureiher, Auerhuhn, Weißstorch, Höckerschwan und Pfau behielten sich die höheren Ständen vor. Die Köche zogen das Federkleid ab, garten das Fleisch und setzten den Vogel mit einem Drahtgestell wieder zusammen oder modellierten Teig in Form des Vogels, den sie mit Pastetenmasse füllten. Lannerfalken, die im Paar auf Beutefang gehen, erlegten die Reiher. Krähe und Elster gehörten zur Küche der Untertanen.
Wer hat eine Meise?
Heute finden wir den Singvogelfang, den unsere Vorfahren und heute noch Ägypter, Franzosen, Libanesen oder Italiener betreiben, in der Alltagssprache. Wir sagen „jemand hat eine Meise“, wenn er irrsinnige Dinge tut oder denkt. Die Ursache liegt darin, dass Meisen oft die ersten Vögel waren, die den Vogelfängern in die Fallen gingen. Das lag indessen nicht an Unzurechnungsfähigkeit, sondern im Gegenteil an ihrer Neugier, und die wiederum ist ein Zeichen für Intelligenz.
Auch „jemandem auf den Leim gehen“ stammt aus dem Vogelfang. Die Vogler legten mit Leim bestrichene Ruten aus oder strichen Leim auf Zweige wie Futterstellen. Die Vögel klebten darin fest, und die Vogelfänger töteten sie für Verkauf zum Verzehr.
Geblendete Lockvögel
Hauptsaison war die Zugzeit im Herbst und Frühjahr. Dann legten die Fänger ihre Netze in herausragenden Hecken aus. Ein gequälter Vogel, oft ein Buchfink, diente als Lockvogel. Den Tieren hatten die Vogler die Augen mit glühendem Draht verbrannt, und wenn die geblendeten Tiere merkten, dass sie im Freien waren, sangen sie. Dies lockte die Zugvögel in die Netze.
Tödlicher Leim
Die häufigste Art, Singvögel zu jagen, bestand darin, an ihren Rastplätzen die mit Leim oder Pech versehenen Ruten auszulegen. Wenn die Vögel sich niederließen, blieben sie kleben. Da besonders auf dem Flug Drosseln, Finken und Zeisige in Schwärmen rasten, machten die Fänger reiche Beute.
Diese Jagdmethode ist besonders grausam. Die Tiere versuchen, sich zu befreien, bis sie irgendwann an Schwäche sterben. Im Süden Europas ist die Leimrutenjagd nach wie vor verbreitet. In Frankreich sind Schlingen, Netze, Leimruten und Steinschlagfallen erlaubt, in Spanien Leimruten und Netze, in einzelnen Regionen Österreichs Fangkäfie und Netzkloben. In Deutschland ist der Singvogelfang mit Fallen verboten – außer zu wissenschaftlichen und naturschützerischen Zwecken.
Federschmücker
Die gefangenen Vögel dienten nicht nur als Nahrung oder lebend als Käfiginsassen, ihre Federn schmückten auch Frauenhüte, künstliche Blumen oder Federmosaike. Wie der Beruf des Singvogelfängers sind die Federschmücker oder Federputzmacher in Deutschland verschwunden.
Die Federputzer stellten „Federblumen“ aus den Federn von Kolibris und Papageien her, oder in günstigerer Variante aus gefärbten Puten- und Hühnerfedern. Federn von Paradiesvögeln, aber auch ganze Paradiesvögel schmückten Damenhüte, ebenso die Federn der Seidenreiher, die Jäger deswegen fast ausrotteten.
Nandus als Fliegenwedel
Nandufedern wurden zu Fliegenwedeln, die schwarzen und weißen Federn der Straußenmännchen zu Fächern. Als exklusiv galten auch die weichen Federn des Marabus, die Halsfedern der Geier, Kranich- und Schwanfedern.
Die Federputzer reinigten die Federn und fetteten sie, bestrichen sie mit Eiweiß und kräuselten sie, indem sie die Federn zwischen dem Daumen und einem Messer durchzogen.
Die Federschmücker fertigten Federbüsche für Militäruniformen, Federschals und sogar Federpelze aus Wasservögeln. Federmosaike waren Bilder, die wie Collagen aus Federn gefertigt wurden. Oft handelte es sich um Abbildungen von Vö**ln, Blumen oder Wäldern.
In Österreich belebte Norbert Tlusti den Beruf neu und gründete mit Renato & Co in Wien den einzigen Betrieb der Stadt, der Federn verarbeitet. Er verwendet ausschließlich Federn von gezüchteten Tieren wie Pfauen oder Straußen, aber nicht die von geschützten Arten wie Marabus.
In Deutschland ist Federschmücker kein Ausbildungsberuf, jedoch lernen Studierende im Fach Modedesign ebenso wie Damenschneider die Methoden, Federn zu verarbeiten. Der Beruf des Federschmückers jedoch existiert hierzulande nicht mehr.
Vorschau
Im nächsten Teil der Serie über ausgestorbene Berufe kommen wir auf den „Hund“, genauer zum Hundeschlachter, Hundegerber, Hundepeitscher und Hundeschläger sowie zum Kavalleristen und dem „lebendigen Aquarium“.

Quellen

http://www.bremm.info/moselserver/naves-historia/berufe.htm
http://www.bremm.info/moselserver/naves-historia/foerster.htm
https://www.deutsche-biographie.de/gnd100945309.html
https://www.familia-austria.at/index.php/forschung-und-service/altoesterreichisches-lesebuch/164-peter-rosegger/1244-der-ameisler
http://www.hamsterschutz-sachsen.de/index.php?article_id=29
http://www.holzknechtmuseum.at/html/die_arbeit.html
https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Hunde
http://www.nationalpark-unteres-odertal.de/sites/default/files/literature/Waldweide%20und%20Naturschutz.pdf
http://www.sauschneider.info/index.php?id=11
https://steemit.com/deutsch//ausgestorbene-berufe-fettfischer-urinwaescher-ameisler-und-bleisetzer
http://www.weideschweine.de/geschichte.html
http://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00196147/JALZ_1825_Bd4_0088.tif?logicalDiv=jportal_jparticle_00206415

(Beitrag von Utz Anhalt in „Archäologie und Geschichte)




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