19/04/2012
3D-Scan der ältesten, noch erhaltenen Porzellanbrennöfen Europas durch die TrigonArt
3D-Vermessung / 3D-Scan: Nachdem das Team der Berliner TrigonArt in Fürstenberg angekommen war, wurden sie durch die betreuenden Archäologen Frau Dr. Sonja König und Herrn Dr. Stefan Krabath durch das einsturzgefährdete Gebäude geführt und auf den neuesten wissenschaftlichen Stand der Ausgrabung gebracht. Auf diesem Rundgang wurden den 3D-Vermessern die wichtigsten Strukturen und Befunde erläutert sowie auf besonders sensible Bereiche aufmerksam gemacht. Im Anschluss konnte Herr Dipl.-Ing. Thomas Bauer mit der 3D-Erfassung beginnen. Zunächst wurden vorhandene und zusätzliche Passmarken mit Hilfe eines Tachymeters eingemessen, so dass dass spätere 3D-Modell zum einen in die Landeskoordinaten eingebettet und zum anderen die Einzelscans präziser miteinander verknüpft werden konnten. Die eigentliche 3D-Vermessung der Reststrukturen des ehemaligen Brennhauses der Porzellanmunfaktur Fürstenberg erfolgte anschließend mit Hilfe eines der neuesten 3DLaserscanner der Firma Leica. Die Wände und der Boden wurden vollständig innerhalb von einem Tag aus rund 35 Einzelstandpunkten dreidimensional erfasst. Ein einzelner Scan dauerte rund 3 Minuten und erfasste zwischen 10 Mio. und 40 Mio. Einzelpunkte. Der Messpunktabstand der Einzelpunkte lag zwischen 2 und 3 mm. Das Datenvolumen der gesamten Rohdaten belief sich am Ende des Tages auf rund 5 GB. Abschließend wurden die Überreste des Gebäudes noch vollständig fotografisch, für die spätere fotorealistische Textur, dokumentiert. Dafür wurde der Raum mit Hilfe eines Lichtsystems vollständig und gleichmäßig ausgeleuchtet. So entstanden rund 300 Digitalfotos für die spätere Texturierung des 3D-Modells.
Datenauswertung und 3D-Modellberechnung
Nachdem das Team der TrigonArt wieder in Berlin angekommen war, wurde sofort mit der Auswertung der Rohdaten begonnen. Zunächst wurden die Einzelscans in das universelle ASCIIFormat konvertiert, in dem jeder einzelne Messpunkt mit seiner x,y, und z Koordinate erfasst ist. Die so enstandenen Punktwolken wurden dann miteinander, anhand der tachymetrisch vermessenen Einzelpunkte, verknüpft, so dass am Ende des ersten Auswertungsschrittes eine einzige Punktwolke des gesamten Brennhauses enstand. Im zweiten Auswertungsschritt enstand nun das wirkliche 3D-Modell, in dem die Punktwolke trianguliert bzw. gemesht wurde. Bei diesem Prozess ensteht die typische Netz- bzw. Dreiecksstruktur der Objektoberfläche. Der so enstandene .stl-Datensatz ist wiederum der Ausgangsdatensatz für die weiteren Dokumentationsformen, die virtuelle Rekonstruktion, die Animation und die Fertigung des physischen Ausstellungsmodells. Das 3D-Modell wurde zunächst mit einer synthetischen Grauwerttextur belegt. Bei diese Textur werden feinste Oberflächenstrukturen am besten sichtbar, daher eignet sich diese besonders gut für wissenschaftliche Dokumentationen und Auswertungen. Anschließend wurde das gesamte 3D-Modell mit den hochaufgelösten 18-Megapixel-Digitalfotos texturiert. Der so enstandene fotorealistische Eindruck gibt die originalen Farbinformationen wieder. Der enstandene .obj- Datensatz bietet sich daher gerade für die Einbindung in Animationen und Filme sehr gut an.
Wissenschaftliche Dokumentation
Neben der 3D-Sicherungs- und Bestandsdokumentation in Form des 3D-Modells der Überreste des Brenhauses wurde auch eine 2D-Dokumentation in Form von Mess- und Orthobildern erstellt. Der Vorteil von Messbildern, die aus einem 3D-Modell gerendert wurden, im Vergleich zu einer 2D-Fotodokumentation, liegt in der Qualität, der Maßhaltigkeit und der Flexibilität der gewonnen Bilder. So kann man neben den orthogonalen Ansichten jede beliebige Ansicht auf das Objekt nachträglich erstellen. Weiterhin sind die Ansichten maßstabsgetreu, unverzerrt und in jeglichen Auflösungen renderbar. Es wurden daher von jeder Wand und jedem Boden bemaßte Orthoansichten erstellt und ausgegeben.
Virtuelle Rekonstruktion
Einer der wichtigsten Aufgaben der TrigonArt bestand in der virtuellen Rekonstruktion der verschiedenen Brennnöfen. In enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Archäologen und den Brennmeistern der Porzellanmanufaktur Fürstenberg sowie auf Basis von alten Zeichnungen und Plänen wurden die drei Brennöfen rekonstruiert und in das vorhandene 3D-Modell eingesetzt. Aus Anschauungszwecken wurden anschließend Schnitte durch das 3D-Modell gezogen, so dass man auch in das Innere der virtuellen Rekonstruktion schauen und den Brennprozess besser nachvollziehen kann. Nach Aussage der Wissenschaftler und Brennmeister könnte man diese Brennöfen auch wieder originalgetreu aufbauen und in Betrieb setzen.
Fertigung eines Ausstellungsmodells
Nach Abschluss der virtuellen Rekonstruktion wurde aus dem 3D-Modell ein Fertigungsdatensatz für die Herstellung eines hochwertigen Ausstellungsmodells erstellt. Die Entscheidung für eines der möglichen Rapid-Prototyping-Verfahren für die Fertigung des Modells war schnell gefallen, da nur mit einem dieser Verfahren die Detailgenauigkeit erreicht werden konnte, die für das Modell angebracht ist. Aufgrund der sehr guten Erfahrungen der TrigonArt entscheid man sich für den 3DDruck / 3D-Plott in Kunststoff. Dabei wird das Modell in 0,1 mm Schichten Stück für Stück aufgebaut und abschließend mit Epoxydharz ausgehärtet. Nach dem das Ausstellungsmodell aus dem 3D-Drucker kam, wurde es noch durch die TrigonArt veredelt. Es wurden Fertigungsspuren entfernt, die verschiedenen Einzelbauteile miteinander verklebt, haltbar gemacht und abschließend lackiert.
Animation
Ein weiterer Bestandteil der Ausstellung im Fürstenberger Schloss ist eine Animation über das Brennhaus und die Rekonstruktion der Brennöfen, die ebenfalls durch das Team der TrigonArt erstellt wurde. Auf Basis des fototexturierten 3D-Modells wurde eine virtuelle Kamerafahrt durch die Reststrukturen und die virtuell rekonstruierten Brennöfen gerendert. Um den Besuchern den Aufbau und die Funktionsweise des Porzellanbrandes näher zu bringen, wurde die Animation anschließend noch vertont.