13/09/2020
Es war einmal… ein Gipfeltreffen der Märchenfiguren! Mit sicherem Riecher für idyllische Platzerl haben sich diese „fairy tale celebrities“ für ihre Zusammenkunft ausgerechnet eine Kindergartenwand im tiefsten Margareten ausgesucht. Da sind sie nun alle: Die Prinzessin fischt nach dem unbeeindruckt glotzenden Froschkönig, der kleine Däumling stolziert in Siebenmeilenstiefeln umher, die Bremer Stadtmusikanten stapeln sich, während das Rumpelstilzchen unentwegt zetert, der Prinz mit dem Schuh in der Hand Aschenputtel anhimmelt und die sieben Zwerge betroffen um Schneewittchens gläsernen Sarg stehen. Gleich um die Ecke ragt das Matzleinsdorfer Hochhaus in den Wiener Himmel.
Zusammengebracht hat diese illustre Runde ein Wiener Künstler namens Paul Meissner. Der 1907 geborene Meissner studierte an der Akademie für bildende Künste. Er legte nach 1945 trotz kurzzeitigem Berufsverbot als „Minderbelasteter“ eine beachtliche Karriere hin und war lange Jahre Präsident der Seccession. Sein bekanntestes Werk ist ein von Kulturstadtrat Viktor Matjeka 1948 beauftragtes Gemälde mit dem Titel „Das Wunderteam“. Es zeigt die österreichische Fußballnationalmannschaft der frühen Dreißigerjahre in heroischer Pose und ist eigentlich untypisch für den Stil Meissners, der sonst eher dem Expressionismus verpflichtet war.
Paul Meissner, der sein Märchenmosaik rechts unten mit den Initialen „P M“ signierte, zog auch eine ganze Reihe an Aufträgen für fassadengebunde Kunst an Land. Neben der Kindergartenwand im Fünften führte er etwa auch eine prominent am Franz-Josefs-Kai platzierte Mittelalterszene oder die Darstellung einer Baustelle in Simmering aus. Wenn man die zwischen Abstraktion und Figürlichkeit sich bewegenden Märchengestalten und das lebhafte Spiel zwischen Farbe und Schatten sowie Linienführung und Flächigkeit betrachtet, kann man schon nachvollziehen, warum Meissner gerne beauftragt wurde.
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📸👸🏻 : Aslan Kudrnofsky
✍🏻🐸: Gabriel Roland